Willbacher Reben

Uralte Bergsträßer Rebsorte für künftige Generationen:

Die Rebsorte „Willbacher“ ist eine alte „autochtone“ Rebsorte. Der Ausdruck autochthon (von altgriechisch αὐτός (autós = selbst) und χθών (chthón = Erde) bedeutet „bodenständig“, „eingeboren“ oder „alteingesessen“. Er ist identisch mit dem „Blauen Elbling“ der badischen Bergstraße. Lokal hatte bzw. Hat er an der Bergstraße abweichende Namen: So in Heppenheim und Laudenbach „Wildbacher“ und in Hemsbach „Schwarzelbling“.

Der Willbacher hat früher in der Geschichte des Bergsträßer Weinbaus eine sehr bedeutende Rolle gespielt! Als reichtragende „Rebsorte des armen Mannes“ war sie zeitweilig eine Hauptsorte vieler Bergsträßer Winzer. Auch in der mehr als hundertjährigen Geschichte der Bergsträßer Winzer eG war dies noch bis Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts so.

Anzeige der Winzergenossenschaft über den Aufkauf von Willbacher-Trauben aus dem Jahr 1929.

Auch damals wurde fälschlicherweise die Bezeichnung „Wildbacher“ verwendet, die viele Jahre danach dazu führte, dass man die Sorte mit dem steirischen Blauen Wildbacher in Österreich verglich.

Aus den Traubenanlieferungslisten der Bergsträßer Winzer eG aus dem Jahre 1937 geht hervor, dass zahlreiche Mitglieder trotz aller Ermahnungen, bessere Sorten anzubauen, weiter der reichtragenden Sorte „Willbacher“ den Vorzug gaben.

Da sich die Weine des spätreifenden Willbachers, die oft aus nicht ausgereiften Trauben gekeltert wurden, eher durch intensive Säure als durch hohe Qualitäten auszeichneten, wurden sie auch spöttisch als „Dreimännerweine“ (einer trinkt, zwei halten ihn dabei fest) bezeichnet. Sie waren fast unverkäuflich und die Rebe stand kurz vor dem Aussterben. Voll ausgereift ergaben die dunkelblauen Trauben aber durchaus ansprechende Weine und gute Esstrauben. In den letzten Jahrzehnten fristeten noch einige wenige Rebstöcke ihr Dasein. Von der Rebveredlung Antes wurden zuweilen neue Pflanzen als „Hausreben“ zur Erhaltung der Sorte produziert. Der „Willbacherweg“ in der Heppenheimer Nordstadt hält ebenfalls die Erinnerung an die Bergsträßer Besonderheit wach.

Ein alter Weinberg des Winzers Richard Boch, gepflanzt 1927 am Heppenheimer Maiberg überlebte jedoch und diente an der hessischen Bergstraße als Ausgangspunkt für ein Projekt. Die nach 10-jähriger Forschungsarbeit im Institut von alten Krankheiten und Rebvirosen befreiten Pflanzen wurden ausgepflanzt und dienen dem Erhalt der Sorte, deren genetische Abstammung inzwischen erforscht wurde. Nach den Untersuchungen des Ampelografen (Rebsortenkundlers) Andreas Jung ist der blaue Willbacher genetisch identisch mit dem Blauen Elbling. 

Willbacher Reben im Laudenbacher Asp (Sorte von Andreas Jung bestätigt; Foto: Gerhard Röhner)

Ein kleiner Wingert mit Willbacher Reben existiert noch im Laudenbacher Asp. Die Trauben werden zum Brennen genutzt.

Einige wenige alte und verkommene Rebstöcke der Sorte existieren auch noch am Hemsbacher Hoheberg unmittelbar am Blütenweg. Die Projektgruppe Vorgebirge der Hemsbacher Stadtgestalterei ließ ihnen eine Erstpflege zukommen, errichtete einen Drahtrahmen und versucht sie als kulturhistorisches Denkmal zu erhalten.

Rettungsaktion für die Willbacher Reben am Hemsbacher Hoheberg (Foto: Gerhard Röhner)