Weinherstellung beim Hemsbacher Bürgerwingert
Gerhard Röhner Dezember 2019
Das Bestreben der Mitglieder des Bürgerwingerts Hemsbach ist bei Einhaltung der Regeln für den biologischen Weinbau durch handwerkliche Arbeit in Wingert und Weinkeller hochwertige Weine herzustellen. Die hierbei erzielten Mengen sind zweitrangig. Die Weine werden nicht bio-zertifiziert oder amtlich qualifiziert. Sie sind von Jahr zu Jahr unterschiedlich, spiegeln den Jahresverlauf wider. Aufgrund der gesetzlichen Regeln können wir sie nicht verkaufen. Die Ernte wird unter den Mitgliedern des Bürgerwingerts Hemsbach aufgeteilt.
Dank der Beratung durch die erfahrenen Winzer Dieter König aus Dossenheim (www.13reben.de) und Wolfram Römmelt (www.vinosum.de) aus Viernheim konnten wir im Laufe weniger Jahre gut trinkbare Weine herstellen. Unsere bisherigen Erfahrungen aus der Weinherstellung sollen hier kurz zusammengefasst werden. Wir lernen ständig dazu.
Rotweinherstellung aus Pinot noir Trauben
Über die Sorte
Pinot noir (Spätburgunder, Pinot nero, Blauburgunder, Schwarzburgunder) ist eine bedeutende und als hochwertig geltende Rotwein-Rebsorte. Sie ist eine klassische Rotweinqualitätssorte der kühleren Weinbaugebiete. Die Weinherstellung ist ein Zusammenspiel von Tradition und modernen Technologien, von Natur und Mensch.
Pinot noir ist eine der wenigen Rebsorten, die meistens sortenrein ausgebaut werden. Pinot noir besitzt ein eigenständiges, typisches Bukett, das besonders durch die Fruchtigkeit geprägt ist. Die Stilistik, das Aroma und der Geschmack reichen im Pinot Noir von fast schon streng, über sauer, tanninschwer, bis zu unübertrefflich weich, samtig und aromatisch komplex. Der typische Pinot noir hat einen leicht süßlichen Duft nach Früchten, von Kirschen, Brombeeren, Erdbeeren, Pflaumen, bis hin zu Schwarzen Johannisbeeren, dazu Anklänge von Mandeln sowie Blumen wie Veilchen. Mit Ausbau im Barrique kommen oft noch Anklänge von Vanille und Zimt hinzu. Hierzu liegen im Bürgerwingert derzeit aber noch keine Erfahrungen vor. Bei Jungweinen kann der Geschmack des Weines an Brombeeren oder Sauerkirschen erinnern, im Alter mehr an Nüsse mit einer zarten Bittermandelnote. Güte und Geschmack eines Pinot-noir-Weins hängen stark vom Terroir ab. Pinot noir ist besonders geeignet, das spezifische Terroir einzubringen, weil er empfindlich auf Unterschiede von Bodentyp und Mikroklima reagiert. Im Bürgerwingert wachsen die Reben auf Granodioritfelsen, die mit Löß bedeckt sind. Pinot-noir-Weine sind tief rubinrot mit violetten Nuancen. Bei dem vom Bürgerwingert praktizierten, traditionellen Ausbau in ungekühlten Fässern entwickeln sich relativ hellfarbige Weine mit geringer Farbintensität. Sie gelten als Rotweine mit langer Lagerfähigkeit. Die Weine oxidieren aber leicht und zeigen dann einen bräunlich roten Farbton. Dunklere Farbe entsteht durch Erwärmung, z.B. auf 27°C. Auch der Ertrag wirkt sich auf die Farbe aus. Trocken-heiße Witterung in den letzten Wochen vor der Ernte führt ebenfalls zu dunklerer Farbe.
Nicht nur im Weingarten, sondern auch im Keller ist Pinot noir eine schwierige Sorte. Er erfordert eine möglichst schonende Extraktion seiner dünnschaligen Beeren, denen man möglichst viel Farb-, Geschmacks- und Aromastoffe entziehen möchte, nicht aber zu viele bittere Gerbstoffe. Es ist neben der Lage des und der Arbeit im Wingert vor allem die fordernde Weinbereitung, die das Bild des Pinot Noir prägt.
Von der Pinot noir-Traube zum Wein
1. Ernten
Abhängig von Wetter und Reifeverlauf begann die Traubenlese in den letzten Jahren zwischen Anfang und Ende September. Der richtige Lesezeitpunkt ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Die Trauben sollen reif und gesund sein. Die Traubenkerne sollen haselnussfarben sein und nussig schmecken. DerZuckergehalt sollte bei 90° bis 95° Oechsle liegen. In einem kühlen Jahrgang, können auch 90° optimal sein. In einem Jahr wie 2018 waren die Trauben erst bei fast 100° Oechsle wirklich reif (Aromareife). Keinesfalls wird vorrangig ein sehr hoher Zuckergehalt angestrebt, der zu einem Wein mit unerwünscht hohem Alkoholgehalt und „plumpen, breitem“ Geschmack führen könnte. Im Idealfall sollte der Säuregehalt zum Erntezeitpunkt bei 7 bis 8 g Säure pro Liter betragen. Er wird später durch den BSA (s.u.) reduziert. Der pH-Wert sollte bei 2,9 – 3,4 liegen. Man muss einen Kompromiss zwischen Mostgewicht, Gesamtsäure und pH-Wert der Trauben eingehen. Dazu gilt es abzuschätzen wann ein Optimum bei der Entwicklung der Inhaltsstoffe erreicht ist. Manchmal kann es für die Qualität auch sinnvoll sein, zweimal zu lesen, da die Trauben in manchen Jahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten reif werden können. Wenn sie blau sind ist der Reifegrad aber schwierig einzuschätzen. Es wird nicht immer alles zu 100 % gelingen können – wichtig ist es, nah an den optimalen Erntezeitpunkt zu kommen.
Die Weinlese erfolgt in den Bürgerwingerten per Hand. Dabei wird eine Selektion der Trauben vorgenommen. Faule oder unreife Beeren werden aussortiert.
2. Maischen
Die Pinot noir Beeren werden mithilfe eines Entrappers von ihrem Stielgerüst getrennt und gemahlen. Die aufgeplatzten Beeren (Saft, Fruchtfleisch und Traubenkerne) bilden die Maische.
Die Stiele werden im Wingert ausgebracht.
3. Fermentieren
Die Maische wird in Maischebottiche gefüllt. Presst man die rote Maische sofort ab, ohne sie vorher stehen zu lassen, erhält man „Blanc de noir“ bei kurzer Standzeit Weißherbst bzw. Roséwein. Für die Herstellung von Rotwein bleibt die Traubenmaische jedoch 1 bis 2 Wochen stehen bevor sie abgepresst wird.
4. Gären
Bei der alkoholischen Gärung wird der Zucker im Most zu Alkohol. Der Zucker im Wein findet sich jeweils zur Hälfte in Form von Glucose und Fructose und wird durch die Hilfe von Hefen zu Alkohol. Hefen sind Pilze, die sich durch Abtrennung ausgestülpter Zellen vermehren. Die Energie dazu liefert der Zucker. Somit ist Alkohol also eigentlich nur ein Nebenprodukt des Vermehrungsprozesses der Hefen. In der Gattung der Weinhefen gibt es verschiedene Hefestämme, die unterschiedlich auf die Inhaltsstoffe des Mostes reagieren und so den Wein auf eine jeweils andere Weise prägen.
Die Gärung beginnt spontan. Maßgeblich hierfür sind auf den Beerenschalen sitzende Hefepilze. Jeder Weinberg hat seine eigenen natürlichen Hefekulturen. Regnerische und kühle Jahre sowie Spritzen von Fungiziden beeinträchtigen jedoch die Bildung der Hefekulturen. Traditionell hatte man sich auf die Arbeit von natürlichen Hefekulturen zu verlassen. Neuerdings wird das auch wieder von Spitzenweingütern praktiziert. Dies ist jedoch auch mit Risiken verbunden. So besteht die Gefahr von Gärstockungen und Fehlnoten.
Die meisten Weingüter verwenden deshalb Reinzuchthefen. Das sind im Labor vermehrte natürliche Hefen. Sie sind einerseits berechenbarer und verringern das Risiko eines späteren Weinfehlers. Besonders sogenannte Aromahefen beeinflussen jedoch andererseits die Charakteristik des Weins. Dies kann uniform wirken. Boden- und Sortenunterschiede, die den Weinen ihren Charakter verleihen, treten nicht mehr hervor, dafür jedoch die (von uns nicht erwünschte) Charakteristik der Hefe. Von uns verwendete Hefen müssen für die Verwendung im Bio-Ausbau zugelassen sein.
Der Bürgerwingertkeller setzt nach dem spontanen Angären die Hefe 1895Cyeast zu. Es handelt sich um einen alten Hefestamm, der von Jürg Gafner 2008 lebend im Bodensatz einer Flasche eines 1895er Räuschlings in der Schweiz entdeckt wurde („Dornröschenhefe“). Die Hefe hatte, zunächst wie üblich den Traubenzucker (Glucose) umgewandelt. Darüber hinaus ging sie dann jedoch daran auch den Fruchtzucker (Fructose) umzuwandeln, weshalb sie auch nach 100 Jahren noch nicht abgestorben war. 1895Cyeast ist inzwischen als Trockenhefe käuflich erwerbbar. Die Hefe entwickelt keinen Eigengeschmack, hat keine Tendenzen zu Gärstockungen und unterstützt die Aromen der Weintraube. Der Wein wird fruchtig und sortentypisch.
Oft ist im Most der für das Hefewachstum erforderliche hefeverfügbare Stickstoff nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Deshalb werden dem gärenden Most vor allem organische Nährstoffe zugefügt. Dies geschieht durch die Zugabe von für die Bio-Weinherstellung zugelassenen Hefenährstoffen (z.B. VANO vital bio spezial, eine Bio-Heferindenzubereitung). Sie werden zeitgleich mit dem Hefeansatz zugegeben sowie später, nach einem Drittel der Gärung, nochmals zur Unterstützung der weiteren Gärung.
Je niedriger die Temperatur, desto langsamer vermehren sich die Hefen. Unterhalb von 10 bis 12°C kann keine Hefe mehr arbeiten. Wenn der Zucker vollständig verarbeitet ist, sterben sie ab. Je mehr Zucker in Alkohol umgewandelt wird, desto trockener wird der Wein. Im Keller der Bürgerwingert werden bislang nur trockene, das heißt voll durchgegorene Weine erzeugt.
Die Gärbottiche können locker abgedeckt werden, weil das Kohlendioxid nach oben entweicht und die in der Flüssigkeit schwimmenden Schalen mit nach oben treiben. Der dadurch entstehende „Tresterhut“ muss immer wieder nach unten gedrückt werden, damit der Most genügend Kontakt zu den Schalen hat. Dies geschieht traditionell und so auch im Weinkeller des Bürgerwingerts von Hand durch aufrühren, stoßen und stampfen.
Wir arbeiten von Anfang an in geschlossenen Behältern mit Gäraufsatz.
Für den Erhalt eines ansprechenden, ausgewogenen Weins ist bei Land- und Qualitätsweinen während des Gärprozesses eine Aufzuckerung um einige Oechsle im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erlaubt. Dies gilt nicht für Prädikatsweine.
Während der alkoholischen Gärung findet eine Extraktion von Farbstoffen, Phenolen und Tanninen aus der Schale statt. Gelöst werden die Farbstoffe vom entstehenden Alkohol. Die Tannine aus der Schale sind am weichsten, während die aus den Traubenkernen (und die aus den deshalb entfernten Stielen) stumpf und hart und daher unerwünscht sind. Bereits nach wenigen Tagen ist der Großteil der Farbstoffe aus den Schalen extrahiert. Der Wein ist dann dunkelrot, die Schalen hellviolett. Die Maischestandzeit beträgt beim Pinot noir im Weinkeller des Bürgerwingerts bei ca. 20°C ungefähr 11 Tage. In den ersten 7 Tage werden die oben aufschwimmenden Beeren zweimal täglich von Hand in den Most gestampft. Dann ruht der Most noch einige Tage. Er wird jetzt nicht mehr gestampft, da sich sonst unerwünschte Tannine aus Beerenschalen und Kernen lösen würden.
5. Pressen
Anschließend werden die aufgeschwommen Schalen in einer Kelter ausgepresst, der Most durch ein Sieb ablaufen gelassen. Zu diesem Zeitpunkt ist mehr als die Hälfte des Zuckers vergoren, meisten hat der Most nur noch ca. 20 bis 30 Öchsle.
Beim Pressen werden die festen Traubenrückstände (der „Trester“) vom Most getrennt. Ein schonendes Vorgehen ist hier besonders wichtig, damit keine Kerne zerdrückt werden, weil sie sonst ihre Bitterstoffe an den Wein abgeben würden. Gepresst wird mit maximal 1 bis 1,5 bar Pressdruck. Ob die letzte Pressfraktion ganz oder nur teilweise zum abgelaufenen Most gegeben wird hängt vom erwünschten Tanningehalt ab. Je höher der Enddruck ist beim Pressen, desto höher der Tanningehalt.
Nun erfolgt die abschließende Gärung. Die Weine lagern hierbei in Edelstahltanks verschlossen mit Gärpfeife.
Der Trester wird im Weinberg ausgebracht oder zum Brennen von Tresterbrand („Grappa“) genutzt.
6. Malolaktische Gärung
Auf die erste, die alkoholische Gärung folgt eine zweite, die Milchsäure- oder malolaktische Gärung (biologischer Säureabbau= BSA). Hierbei zersetzen Milchsäurebakterien Äpfelsäure in Milchsäure und verändern so die Säurestruktur des Weines. Rotweine aus Anbaugebieten mit gemäßigtem Klima haben einen Überschuss an Äpfelsäure, der auch in warmen Jahren und bei später Lese nicht vollständig abgebaut werden kann. Die Äpfelsäure wird von Milchsäurebakterien angegriffen und in die mildere Milchsäure umgewandelt. Gleichzeitig wird ein Teil der Äpfelsäure von den Bakterien verzehrt. Dadurch sinkt der Säuregehalt im Wein und er schmeckt weicher. Dieser Säureabbau ist ein natürlicher Vorgang und wird auch als biologischer Säureabbau bezeichnet. Der BSA kann, falls er nicht spontan eintritt, durch die Zugabe von Starterkultur (Oenococcus aeni Bakterienpräparat) ausgelöst werden. Die Bakterien werden erst ab Temperaturen oberhalb 16°C aktiv (optimal 18 bis 20°C). Die Gärung dauert zwei bis drei Wochen, danach ist keine Äpfelsäure mehr im Wein enthalten. Die Gesamtsäure sollte dann auf ungefähr 5 g/l gesunken sein.
Ob dieser Prozess abgeschlossen ist wird bei einer Weinanalyse festgestellt.
Manche Weine bedürfen einer Säurekorrektur nach oben (Zugabe von L+-Weinsäure), andere Weine wiederum müssen etwas entsäuert werden (Zugabe von Kaliumhydrogencarbonat). Die Analyse zeigt, ob es sinnvoll ist den Säuregehalt zu korrigieren. Die Gesamtsäure sollte spätestens 4 bis 6 Wochen vor der geplanten Abfüllung auf das gewünschte Ziel eingestellt sein.
Jetzt wird der Wein mit Kaliumdisulfit geschwefelt (auf 100 l: 9,6g Schwefel entspricht 19,2 g Kaliumdisulfit). Danach erfolgt dann nach wenigen Tagen der erste Abstich: Der Wein wird hierbei von dem bei der Gärung entstandene Hefetrub abgezogen. Wichtig ist, dass alle Weinfässer, Ballons usw. immer spundvoll gefüllt sind um den Kontakt zwischen Wein und Luftsauerstoff gering zu halten.
Der Pinot noir klärte sich sehr gut so dass wir bislang darauf verzichtet haben ihn vor der Flaschenabfüllung zu Filtern. Wird lange Haltbarkeit des Weins angestrebt ist dies jedoch zu befürworten.
Auch der Hefetrub wird im Weinberg ausgebracht.
7. Lagern
Rotweine können längere Zeit gelagert werden. Dies kann entweder in spundvollen Fässern geschehen oder auch in Flaschen. Verkorkte Flaschen sind liegend zu lagern sind, um den Korken feucht zu halten, da ein austrocknender Korken mit der Zeit zunehmend luftdurchlässig wird. Der Bürgerwingert verwendet jedoch keine Korken sondern Alu-Schraubkapseln. Die Flaschen sollten dann immer stehend gelagert werden, da Alkohol und Säure auf die Dauer Teile des Kunststoffs in der Kapsel lösen könnten.
Einfache Weine sollten üblicherweise bald getrunken werden. Hochwertigere Weine dürfen länger gelagert werden, viele gewinnen dadurch erst an Qualität und Geschmack. Insbesondere komplexe Rotweine brauchen oft einige Jahre, bis sich ihre Aromen harmonisch verbunden haben. Das Alterungspotential ist abhängig von Rebsorte und Jahrgang, sowie von der Qualität der Arbeit in Weinberg und Keller.
Weißweinherstellung aus Riesling-Trauben
Über die Sorte
Riesling wird in Deutschland nachweislich seit mehr als 600 Jahren kultiviert. Er gehört zu den hochwertigen und kulturprägenden Weinsorten der Welt und wird von Kennern und Laien gleichermaßen geschätzt. Sein hohes Ansehen verdankt dieser Weißwein vor allem seinen lebendigen und vielfältigen Aromen. Sehr prägnant ist die lebendige Säure im Riesling. Mit einem Aroma, das an Apfel erinnert ist er ein frischer, eleganter Weißwein. Charakteristisch für diese Rebe ist vor allem ihre Vielfalt, da sie den Charakter des Bodens wiedergibt. Während sich die jüngeren Weißweine vor allem durch ihre Zitrusnote auszeichnen, weicht die Säure im Reifeprozess anderen vollmundigen Aromen. Sehr gute Rieslinge bestechen vor allem mit einem Hauch von Pfirsich oder Aprikose. Die Farben des Weins reichen von Blassgelb mit leichtem Grün bis hin zu Goldgelb.
Die besten Rieslinge werden in klimatisch kühleren Weinbaugebieten erzeugt. Vor allem in nördlichen Anbauländern wie Deutschland wird die Sorte fast ausschließlich in Hanglagen angebaut. Die Reben benötigen kühle Nächte und im späten Herbst ausreichend Sonne und Wärme für einen ausgezeichneten Geschmack. Optimale Bedingungen bieten skelettreiche, leichte bis mittelschwere Böden in wärmespeichernden, steinigen Steillagen in südwestlicher bis südöstlicher Ausrichtung entlang der Flusstäler.
In Hemsbach wachsen die Reben auf Granodioritfelsen mit unterschiedlicher Hangneigung und unterschiedlich starker Lössauflage.
Durch die Auswirkungen des Klimawandels scheint der Riesling in unserem Anbaugebiet jedoch schweren Zeiten entgegen zu gehen: Die Sommer werden trockener, die Sonneneinstrahlung wird intensiver, die Nächte wärmer, die Tauben immer früher reif. Der typische Riesling-Charakter wird sich dadurch verändern.
Von der Riesling-Traube zum Wein
1. Ernten
Abhängig vom Wetter und Reifeverlauf begann die Traubenlese in den letzten Jahren zwischen Ende September und Anfang Oktober. Der richtige Lesezeitpunkt ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Die Traubenkerne sollen haselnussfarben sein und nussig schmecken. Der Zuckergehalt sollte bei 85° bis 92° (optimal 90°) Oechsle liegen. Keinesfalls wird ein sehr hoher Zuckergehalt angestrebt, der zu einem Wein mit unerwünscht hohem Alkoholgehalt und wenig Geschmack führen könnte. Idealer Weise sollte der Säuregehalt bei 8 g Säure pro Liter, der pH-Wert bei 3 liegen. Man muss einen Kompromiss zwischen Mostgewicht, Gesamtsäure und pH-Wert der Trauben eingehen. Dazu gilt es abzuschätzen, wann ein Optimum bei der Entwicklung der Inhaltsstoffe erreicht ist. Dann wird schnell geerntet.
Die Weinlese erfolgt in den Bürgerwingerten per Hand. Dabei wird eine Selektion der Trauben vorgenommen. Faule oder unreife Beeren werden aussortiert.
2. Maischen
Die Trauben werden beim Herbsten unmittelbar in einer auf den Maischebehälter aufgesetzten Handmühle oder in der Kelterscheuer ohne vorheriges Entrappen gemaischt. Die Maische enthält also Most, Kerne, Schalen und Stiele.
Herbsten des Rieslings Herbsten des Rieslings, Traubenmühle
3. Pressen
In der Kelterscheuer wird die Maische nach kurzer, ablaufbedingt nur wenige Stunden dauernder Standzeit gepresst. Die festen Traubenrückstände („Trester“) werden beim Keltern vom süßen Traubensaft getrennt. Als Vorteilhaft hat sich hierbei der Einsatz einer Hydropresse erwiesen. Über die Regelung des Wasserdrucks (bis ca. 1,5 bar) kann der Pressgrad hier sehr einfach eingestellt, die Maische langsam gepresst werden. Bei dieser schonenden Form der Traubenpressung weist der Most eine hohe Qualität auf (wenig Phenole bei viel Säure und hoher Fruchtigkeit). Es werden keine Kerne oder Stiele zerdrückt, die Bitterstoffe an den Wein abgeben würden.
Der Trester wird im Weinberg ausgebracht oder zum Brennen von Tresterbrand („Grappa“) in eine Brennerei gegeben.
4. Vorklärung und Schönung
Der Most wird jetzt in Gärbehälter im Weinkeller verlagert. Calcium-Bentonit wird eingerührt, ein Gestein aus verschiedenen Tonmineralien, das Eiweiß und biogene Amine bindet sowie kleinen Geruchs-, Geschmacks und Farbfehlern entgegenwirkt. Anschließend werden Erbsenproteine zugegeben, die die Fähigkeit besitzen oxidierte und oxidierbare Phenole im Most zu binden. Enthält der Most auch faulige Trauben kann granulierte Aktivkohle GE zur Beseitigung von Geruchs- und Geschmacksfehlern eingesetzt werden. Wir sortieren faule Beeren jedoch schon bei der Lese aus. Bei gesunden Trauben kann die Zugabe von Aktivhohle unterbleiben.
Jetzt lässt man den Most 12 bis 20 Stunden vorklären. Der Trub einschließlich der eingerührten Mittel setzt sich am Boden des Gärgefäßes ab (Sedimentation). Hierauf wird der Most vom Trub abgezogen und in das stählerne Gärfass gefüllt. Der Trub kann mit Fibroklar gemischt durch ein sehr engmaschiges Netz ausgepresst werden, was Mostverluste gering hält.
Für den Erhalt eines ansprechenden, ausgewogenen Weins ist, falls erforderlich, bei Land- und Qualitätsweinen während des Gärprozesses eine Aufzuckerung um einige Oechsle im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erlaubt, damit der Wein einen ausreichend hohen Alkoholgehalt erreicht. Für Prädikatsweine ist dies nicht zulässig.
Der Gärbehälter darf zunächst nur zu 3/4 seines Fassungsvermögens gefüllt und muss mit einer Gärpfeife verschlossen werden.
5. Gären
Nun erfolgt die Hauptgärung. Der Zucker im Wein wird durch die Arbeit von Hefen zu Alkohol. Hefen sind Pilze, die sich durch Abtrennung ausgestülpter Zellen vermehren. Die Energie dazu liefert der Zucker. Somit ist Alkohol nur ein Nebenprodukt des Vermehrungsprozesses der Hefen. In der Gattung der Weinhefen gibt es verschiedene Hefestämme, die unterschiedlich auf die Inhaltsstoffe des Mostes reagieren und so den Wein auf eine jeweils andere Weise prägen.
Die Gärung würde nach einiger Zeit spontan beginnen. Maßgeblich hierfür sind auf den Beerenschalen sitzende Hefepilze. Jeder Weinberg hat seine eigenen natürlichen Hefekulturen. Regnerische und kühle Jahre sowie das Spritzen von Fungiziden beeinträchtigen jedoch die Bildung der Hefekulturen. Historisch hatten sich die Winzer auf die Arbeit von natürlichen Hefekulturen zu verlassen. Dies wird auch heute zunehmend von Spitzenweingütern wieder praktiziert. Damit sind jedoch auch Risiken verbunden, es besteht die Gefahr von Gärstockungen und Fehlnoten.
Die meisten Weingüter verwenden deshalb Reinzuchthefen. Das sind im Labor vermehrte natürliche Hefen. Sie sind einerseits berechenbarer und verringern das Risiko eines späteren Weinfehlers. Besonders sogenannte Aromahefen beeinflussen jedoch die Charakteristik des Weins, können ihm z.B. Pfirsicharoma geben. Das kann dann uniform wirken. Boden- und Sortenunterschiede, die den Weinen ihren Charakter verleihen, treten nicht mehr hervor, dafür jedoch die Charakteristik der Hefe. Hefen müssen für die Verwendung im Bio-Ausbau zugelassen sein.
Der Weinkeller des Bürgerwingerts setzt die Hefe 1895Cyeast zu. Es handelt sich um einen alten Hefestamm, der von Jürg Gafner 2008 im Bodensatz einer Flasche eines 1895er Räuschling in der Schweiz lebend entdeckt wurde („Dornröschenhefe“). Die Hefe hatte, wie üblich, den Traubenzucker (Glucose) umgewandelt. Darüber hinaus war sie jedoch dabei auch den Fruchtzucker (Fructose) umzuwandeln und war nach 100 Jahren noch nicht abgestorben. Die Hefe ist inzwischen als Trockengranulat käuflich erwerbbar. Sie hat keine Tendenz zu Gärstockungen und unterstützt die Aromen der Weintraube. Der Wein wird fruchtig und sortentypisch.
Oft ist im Most der für das Hefewachstum erforderliche hefeverfügbare Stickstoff nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Deshalb werden dem gärenden Most Nährstoffe zugefügt. Dies geschieht durch die Zugabe von für die Bio-Weinherstellung zugelassenen Hefenährstoffen (z.B. VANO vital bio spezial, eine Bio-Heferindenzubereitung). Sie werden zeitgleich mit dem Hefeansatz zugegeben sowie nach einem Drittel der Gärung nochmals.
Weißwein sollte bei 15 bis 18 °C vergoren werden. Je länger die Gärung dauert, desto frischer und schlanker wirkt der Wein. Die Hauptgärung dauert sechs bis acht Tage. In dieser Zeit wird der im Most enthaltene Zucker zu Alkohol umgesetzt. Wenn der Zucker vollständig verarbeitet ist, sterben die Hefen ab, sinken langsam zu Boden. Bis Mitte Dezember bleibt der Most ungeschwefelt stehen. Dann ist die Gärung abgeschlossen. Wenn der Most komplett durchgegoren wird, erhält man „trockenen“ Wein.
Mit nachlassender Gärung werden die Fässer aufgefüllt. Ist die Gärung abgeschlossen, müssen die Fässer spundvoll sein.
Weißweine aus kühlen Anbaugebieten enthalten mehr Äpfelsäure. Die meisten deutschen Weißweinwinzer lehnen eine malolaktische Gärung des Rieslings ab. Die Äpfelsäure generiert bei Weißweinen einen lebendigen und erfrischenden Geschmackseindruck.
Nach dem Gärvorgang erreicht der Riesling des Bürgerwingerts zwischen 12 und 13 Volumenprozent Alkohol. Außer Alkohol entstehen noch ungefähr 400 andere Verbindungen, die Einfluss auf den Geruch und den Geschmack des Weines haben.
Jetzt wird der Wein analysiert.
Manche Weine bedürfen einer Säurekorrektur nach oben (Zugabe von L+-Weinsäure), andere Weine wiederum müssen etwas entsäuert werden (Zugabe von Kaliumhydrogencarbonat). Die Analyse zeigt, ob es sinnvoll ist, den Säuregehalt zu korrigieren. Die Gesamtsäure sollte spätestens 4 bis 6 Wochen vor der geplanten Abfüllung auf das gewünschte Ziel eingestellt sein.
6. Schwefeln und Abstich
Jetzt wird der Wein mit Kaliumdisulfit geschwefelt (auf 100 l: 7 g Schwefel entspricht 14 g Kaliumdisulfit). Die Schwefelung soll Oxidation verhindern, das heißt: Wein-Inhaltsstoffe schützen, enzymatische Bräunung und die Entwicklung eines Luft-, Sherry- oder Alterstons verhindern. Weiterhin soll sie vor mikrobakteriellem Verderb schützen, das heißt: das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen, wie etwa der „wilden“ Hefen, Milchsäure- und Essigsäurebakterien hemmen.
Wenige Tage nach der Schwefelung erfolgt der erste Abstich: Der Wein wird hierbei von dem bei der Gärung entstandene Hefebodensatz abgezogen, das heißt von oben abgesaugt. Der Bodensatz besteht aus Grobhefe, Schwebestoffen und ungelösten Bestandteilen von Fruchtfleisch und Traubenschalenresten. Wichtig ist, dass jetzt alle Weinfässer, Ballons usw. immer spundvoll gefüllt sind um den Kontakt zwischen Wein und Luftsauerstoff gering zu halten.
Die zurückbleibende Hefe kann im Weinberg ausgebracht oder zu in einer Brennerei zu Hefebrand destilliert werden.
Jetzt erfolgt eine zweite Schönung mit Bentonit.
Durch Trockenstress und heiße Temperaturen verursacht neigten die 18er und 19er Moste zu Weinfehlern, UTA (untypische Altersnote) und Bittertönen. Bis zu einem gewissen Grad konnte dem durch die Zugabe von Ascorbinsäure entgegengewirkt, die Alterung verlangsamt werden.
Ein bis zwei Wochen nach der Bentonit-Behandlung wird der Riesling erneut abgezogen.
Der Jungwein ruht nun die nächsten drei bis sechs Monate im Stahltank oder auch lichtgeschützt in Glasballons. Die im Wein verbliebene Feinhefe, die noch nicht abgesunken war, baut weiter im Wein noch enthaltene Eiweiße ab. Die Salze der Weinsäure (Weinstein) lagern sich zu dieser Zeit an Boden und Wänden des Gebindes ab. Der Jungwein ist jetzt schon trinkbar.
Der Riesling des Bürgerwingerts klärt sich bisher sehr gut, wird glasklar, so dass wir bislang darauf verzichtet haben ihn zu Filtern. Wird lange Haltbarkeit des Weins angestrebt ist dies jedoch zu befürworten.
7. Lagern
Die meisten Weißweine können mehrere Jahre gelagert werden, ohne starken negativen Veränderungen ausgesetzt zu sein. Entscheidend für die längerfristige Lagerfähigkeit sind mehrere Faktoren. Wein sollte im Allgemeinen lichtgeschützt, bei mäßigen, konstanten Temperaturen („Kellertemperatur“) und zum Schutz vor Oxidation durch Reduktion unter weitgehendem Luftabschluss gelagert werden. Dies kann entweder in spundvollen Fässern geschehen oder auch in Flaschen. Verkorkte Flaschen sind liegend zu lagern sind, um den Korken feucht zu halten, da ein austrocknender Korken mit der Zeit zunehmend luftdurchlässig wird. Der Bürgerwingert verwendet jedoch Alu-Schraubkapseln. Die Flaschen sollten immer stehend gelagert werden, da Alkohol und Säure auf die Dauer Teile des Kunststoffs in der Kapsel lösen können.
Schwefelung, Sterilität und Sorgfalt im Herstellungsprozess haben einen großen Einfluss auf die Haltbarkeit, da sie den Gehalt an Mikroorganismen im fertigen Wein von vornherein minimieren können und er somit „stabil“ bleibt. Des Weiteren haben die im Wein enthaltenen Fruchtsäuren, wie Wein- und Äpfelsäure, sowie Alkohol und Tannine eine antimikrobielle Wirkung. Das Alterungspotential ist abhängig vom Jahrgang, sowie von der Qualität der Arbeit in Weinberg und Keller.
Riesling keltern mit der Hydrokelter Im Weinkeller des Bürgerwingerts
Einfache Weine sollten üblicherweise bald getrunken werden. Hochwertigere Weine dürfen länger gelagert werden, viele gewinnen dadurch erst an Qualität und Geschmack. Riesling braucht oft einige Jahre, bis sich seine Aromen harmonisch verbunden haben. Man kann ihn fünf bis zehn Jahre reifen lassen.